Freitag, 24. Mai 2013

Die weiblichen Eindringlinge. Kapitel 1 Der Einzug.

Ich stand mit meinem Vater an der Tür unseres Hauses und beobachtete wie der schwarze Audi näher kam. Meine Laune war denkbar schlecht und ich hatte mir vorgenommen keine von beiden zu mögen. Mein Vater und ich wir waren ein Team. Wir sind alleine wunderbar klargekommen.
Wir brauchten keine Frauen in diesem Haushalt. Wir hatten schon eine Haushaltshilfe.
Sie kam, machte alles sauber und war verschwunden, bevor man sie überhaupt wahrnehmen konnte.

Mein Vater hatte sich schon öfters mit Frauen getroffen und natürlich welche mit nach Hause gebracht. Aber es ist ein Singleleben gewesen. Und jetzt hatte er sie getroffen. Manuela!
Eine schlanke, geschäftstüchtige Frau mit blonden Haaren und blauen Augen. Sie war zweiunddreißig Jahre alt und damit elf Jahre jünger als mein Vater.
Da mein Vater viel arbeitete, entschlossen sich die beiden einfach zusammenzuziehen, damit sie sich ab und zu sehen konnten.
Immerhin zogen sie bei uns ein. Aber das Schlimmste war, dass Manuela eine sechzehn Jahre alte Tochter hatte. Alina. Beide, mein Vater und Manuela, hatten versucht mir das Ganze als „perfekte Familie“ zu verkaufen. Alina hätte endlich einen großen Bruder und ich eine kleine Schwester.
Eins war klar, ich würde sie hassen. Beide! Ich war bereits neunzehn und wollte nichts mit einer Sechzehnjährigen zu tun haben. Am wenigsten wollte ich sie in meinem Haus.
Im Notfall würde ich ausziehen. Dann musste sich mein Vater zwischen Manuela und mir entscheiden.

Bis jetzt hatte ich Alina nicht kennengelernt und als der Audi schwungvoll zum Stehen kam, war ich doch neugierig auf sie.
Manuela stieg aus und lief auch gleich zu meinem Vater, der sie lachend in die Arme schloss.
Oh Gott, wie ich das hasste. Musste ich das jetzt jeden Tag mit ansehen?
Die Beifahrertür öffnete sich und ein Mädchen mit blonden Haaren und tief blauen Augen stieg aus.
„Alina!“, dachte ich und beobachtete, wie das Mädchen näher trat.
Entsetzt musste ich feststellen, dass meine neue Schwester äußerst attraktiv war.
Auf jeden Fall der Teil, welchen ich von ihr sehen konnte.

Sie hatte dieses Engelsgesicht, das einem das Gefühl gab, man müsse sie in den Arm nehmen und festhalten. Ein herzförmiges Gesicht mit hohen Wangenknochen. Eine kleine Stupsnase und Augen so blau dass sie leuchteten. Ihr Mund war klein mit vollen Lippen und ihre Haut absolut perfekt. Leicht gebräunt und seidenglatt. Wie konnte man ein Mädchen mit so einem Gesicht hassen?
Egal! Ich würde an meinem Plan festhalten.
Der Rest ihres Körpers entzog sich meines Blickes, da sie zu dieser kalten Jahreszeit warme und weite Klamotten trug. Außerdem war sie einen guten Kopf kleiner als ich, aber dick wirkte sie nicht.

Zaghaft und langsam kam sie auf mich zu.
„Hey ich bin Alina und du musst Leon sein!“ Ihre Stimme klang glasklar und angenehm.
Widerwillig gab ich dem kleinen Mädchen vor mir die Hand.
„Stimmt!“, sagte ich kurz angebunden. Als Alina dann meine Hand ergriff und drückte, wäre ich fast zusammengefahren. Dieses kleine Mädchen hatte einen starken Händedruck. Schnell zog ich meine Hand zurück und sah zu meinem Vater, um dieser kleinen Schönheit nicht länger in das perfekte Gesicht sehen zu müssen.

Auf meinen Blick hin kamen beide Elternteile zu uns.
„Na ihr beiden, habt wohl schon Freundschaft geschlossen! Dann lasst uns mal eure Sachen ins Haus bringen!“

Zu viert begannen wir alle Sachen der Frauen, ins Haus zu bringen.
Alina bezog das freie Zimmer direkt neben meinem. Manuela zog natürlich ins Zimmer meines Vaters. Als der Möbelwagen kam, begannen wir die größeren und schweren Kartons und Möbel ins Haus zu schaffen. Widerwillig half ich mit. Hatte ein paar Mal daran gedacht mich abzusetzen, aber entschied mich dann doch dagegen.

Der Einzug der weiblichen Belegschaft verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Außer dass ich feststellen musste, dass sich Alina beim Umzug gut anstellte. Sie packte wirklich mit an und schreckte auch vor schweren Sachen nicht zurück. Als wir eine alte Kommode nach oben in ihr Zimmer trugen, bildete ich mir ein, dass es wirklich einfacher ging, sobald Alina mit anpackte.
Mein Vater sagte dann zwar immer, dass eine sechzehnjähriges Mädchen keine Möbel schleppen müsste, aber Alina half trotzdem.

Endlich waren wir fertig. Alina war in ihrem Zimmer zusammen mit meinem Vater damit beschäftigt alles an seinen richtigen Platz zu stellen.
Ich selber ging ein letztens Mal zum Möbelwagen, um die verbleibende Kiste zu bergen.
Am Möbelwagen traf ich Manuela, welche die Kiste vor sich auf der Ladefläche stehen hatte.
„Die letzte Kiste!“, sagte ich und trat an ihre Seite.
„Ja, und die schwerste!“, seufzte Manuela.
Bei der besagten Kiste handelte es sich um eine stabile Box aus grobem Holz. Fünfzig Zentimeter im Quadrat und zehn Zentimeter hoch.
„So schwer sieht die gar nicht aus!“
Manuela hob die Kiste hoch und stellte sie vor mich hin.
„Dann kann der Jüngere sie ja tragen!“, sagte sie grinsend.
Manuela war wirklich hübsch, besonders wenn sie lächelte. Ich merkte jetzt schon, wie mein Plan des Hasses, sich in Luft auflöste.
„Diese Kiste schaffe ich auch noch!“ Ich packte mit beiden Händen die Kiste und stockte.
Das Ding war verdammt schwer. So schwer, dass ich es nur kurz einige Sekunden wenige Zentimeter hochbekam und wieder absetzen musste. Wie zum Teufel hatte Manuela die Kiste eben hochgehoben. Das konnte doch nicht sein. Verblüfft starrte ich die Kiste an.
„Vielleicht sollten wir die Kiste zusammen tragen?“, fragte Manuela lächelnd.
„Ja!“, sagte ich völlig fassungslos, „ist vielleicht besser!“

Wir packten zusammen die Kiste und machten uns auf den Weg zum Haus.
Diese Box war immer noch unglaublich schwer und ich stemmte sie weiter nach oben, damit das Gewicht mehr auf Manuelas Seite war. Die schien das nicht weiter zu stören. Im Gegenteil sie lächelte mich an, als ich ihr eindeutig mehr Gewicht zuteilte.
Nach dem kurzen Weg zum Haus war ich völlig fertig und an der Haustür setzten wir ab.
Erschöpft setzte ich mich kurzerhand auf den Boden.
„Du übertreibst mit dem Gewicht der Kiste schon ein bisschen!“ lachte sie.
Ich schüttelte entschieden den Kopf. „Tue ich nicht! Was ist da den drin? Gold?“
„Nein!“ lachte sie weiter. „Das sind meine zwei Hanteln.“
„Hanteln? Zwei Hanteln? Ich hätte nicht gedacht, dass Frauenhanteln so schwer sind.“
„Na, im Grunde sind es sogar Teenagerhanteln! Alina benutzt sie auch!“
Sie zwinkerte mir zu und ging ins Haus. Ich blieb, wo ich war. Zum einen war ich mir sicher, dass es sich hier um irgendeinen Trick handelte. Diese schlanke Gestalt von Manuela konnte nicht so stark sein.

Ich ging nach drinnen, um etwas zu trinken. Mit einem Glas Eistee setzte ich mich im Wohnsimmer auf einen Sessel und schloss für einen Augenblick die Augen.
Ein lautes Rufen von Manuela unterbrach meine Ruhe.
„Alina! Komm runter und bring die letzte Kiste in mein Zimmer. Ja, Schatz? Bist du so lieb?“
Diese Frau wollte mich augenscheinlich zum Narren halten. Mit dem Eistee in der Hand stand ich auf, ging vor die Haustür und stellte mich der geheimnisvollen Kiste.
Das Glas stellte ich auf den Boden und packte dann wild entschlossen die Holzkiste.
Verdammt war das Ding schwer. Ich gab wirklich alles. Mit hochrotem Kopf und lautem Gestöhne bewegte ich die Kiste zwanzig Zentimeter weit, bevor ich wieder absetzen musste.
Meine Hände schmerzten und verzweifelt griff ich wieder nach meinem Eistee.

Laute Schritte nährten sich und Alina erschien in der Haustür.
Die schöne kleine Maus strich sich eine blonde Strähne aus dem süßen Gesicht und lächelte mich an.
„Du siehst wirklich geschafft aus Leon! Soll ich das hier nehmen?“
„Sicher tu dir keinen Zwang an!“, sagte ich lächelnd zurück. Die Kleine würde schon sehen, was sie davon hat. Dachte ich gehässig.
Entspannt nahm ich einen großen Schluck Eistee als Alina in die Knie ging, um die Kiste hochzuheben.
Dieses schöne Mädchen könnte ich den ganzen Tag ansehen. Alina packte die Kiste und hob sie in einer fließenden kraftvollen Bewegung hoch.
Verblüfft hustend, versprühte ich meinen Eistee in der Luft.
„Alles in Ordnung?“, fragte Alina vorsichtig.
Sie stand da, als ob sie das Gewicht in den Händen nicht einmal spüren würde. Ich müsste weiter husten und sah dabei zu wie Alina mit der Kiste im Haus verschwand.

Diese Aktion von den beiden Frauen, welche mich wie einen Schwächling hat aussehen lassen, wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ich ließ die Anderen im Obergeschoss die Sachen verstauen, während ich auf dem Sofa saß und das Ganze verarbeitete. Wenigstens hatte es sonst niemand mitbekommen. Ich wollte das Ganze erstmal vergessen.

Ich konnte nichts mit mir anfangen. Diese große Veränderung im Haus machte mich unruhig.
Ich beschloss meine neue Schwester etwas besser kennenzulernen und ihr beim Auspacken zu helfen. Der Plan beide Frauen zu hassen, war mir zu diesem Zeitpunkt schon wieder entfallen.
Und Schuld daran war das schöne, unschuldige Gesicht von Alina.

Als ich nach oben kam, waren Manuela und mein Vater in seinem Zimmer und räumten wie verrückt.
Die Beiden waren überglücklich und das Schlimmste war, das mich ihre Heiterkeit ansteckte.
Langsam ging ich in Alinas Zimmer, welche schon emsig dabei war ihre Sachen aus den Kisten zu holen. Ich setzte mich dazu, ergriff eine Kiste mit Büchern und begann diese leer zu räumen.
„Was machst du da?“, fragte Alina streng, als ich das erste Buch ergriff.
„Dir helfen?“, sagte ich etwas verblüfft von ihrem energischen Ton.
„Wer hat dir erlaubt in meinen Sachen zu wühlen?“, fragte sie nun wütend.
Nun wurde ich wütend. Schließlich hatte ich sie nicht eingeladen hier zu wohnen.
Ich stand auf und gab der Kiste vor mir einen Tritt, sodass sie umfiel und die Bücher den Boden fluteten.
„Dann helfe ich Dir eben nicht!“, schrie ich.
„Mach, dass du aus meinem Zimmer kommst, oder ich werfe dich eigenhändig raus!“, schrie sie zurück.
„Das ist nicht dein Zimmer!“, rief ich und knallte die Tür hinter mir zu. Erstaunt blieb ich vor der Tür stehen. Wie konnte sich ein so schönes Mädchen plötzlich so aufführen. Scheinbar spielte Alina nur die liebe Tochter. Den Rest des Tages mied ich die Anderen und blieb in meinem Zimmer. Mit wütenden Gedanken schlief ich ein.

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